»Sie kommen aus Österreich?«, fragt die schlanke, dunkelhaarige Frau, Anfang dreißig. Lässig an der Bar stehend blickt sie auf die Ägäis. Die deutsche Sprache hört man nicht all‘ zu oft im 5-Sterne-Resort Kefaluka im Ort Akyarlar, nicht weit von Bodrum entfernt. »Wir verbringen hier drei Wochen mit unseren Zwillingen und nächste Woche kommen auch meine Eltern dazu,« erzählt die Frau. Sie und ihr Mann sind gebürtige Türken. Gemeinsam leben sie in Solingen (DE). In der 5-Sterne-Bleibe fühlen sie sich sicher; die Mitarbeiter im Hotel sind alle geimpft. Am Buffet wird bedient. In den Zimmern und in der Lobby liegen gratis Masken bereit. Desinfektions-Spender im ganzen Haus. So lässt sich der Urlaub in vollen Zügen genießen: Drinks und Essen rund um die Uhr, eigener Hotelstrand, Strandliegen, Poollandschaft, großzügige Zimmer.
Das glasklare Meer lädt zum Schwimmen. Von der Strandbar schauen wir hinüber auf die griechische Insel Kos, die wir wahrscheinlich schwimmend erreichen könnten; in der Abendsonne blitzen uns die weiß getunkten Häuser verlockend an. Hier im türkis-blau schimmernden Wasser tauche ich in den Urlaub. Am nächsten Tag mache ich mich auf nach Bodrum – der goldene Ehering, mit dem Datum der Hochzeit, blieb zurück. Verloren. Am Grund des Meeres liegend, im Badezimmer des Hotels ertrunken oder an der Bar versoffen.
Bodrum
Am Hafen reihen sich große Boote in allen erdenklichen luxuriösen Ausstattungen aneinander. Reiseführer Mesut erklärt: »Die Türken nehmen sich gerne einmal im Jahr für 7 Tage eine Auszeit. Mieten sich ein Boot mit Kapitän, Steuermann und Smutje. Dann schippern sie mit Freunden in abgelegene Buchten.« Kein Handy, kein Fernsehen, der Zivilisation entfliehen. »Geschlafen wird unter dem Sternenzelt und nicht in der Kajüte«, betont Mesut. »Blaue Reise« heißt diese Art von Ferien und die ist in der Türkei, besonders in der Gegend um Bodrum, sehr beliebt.
Vom Hafen weg führen Gassen zu den vielen Shops. Zu kaufen gibt es die typischen Artikel für Urlauber: T-Shirts von Chanel (20 Euro) im White Polo Center, Rolex-Uhr (kostet an die 100 Euro) und Handtaschen von Louis Vuitton (25 Euro) – nachgemacht versteht sich.
Die Designerin Sedat Elma betreibt zwei Schmuckgeschäfte in Bodrum. »Wir brauchen Gäste«, sagt sie, »sonst können wir kaum überleben. Covid hat uns schon ein Jahr gekostet.« Nun hofft sie auf einen guten Sommer. »Hier sind alle, die mit Touristen arbeiten, geimpft. Außerdem müssen wir sogar im Freien Masken tragen.« Am liebsten verkauft sie Schmuckstücke aus der eigenen Werkstatt. Aber sie bietet auch die typischen Mitbringsel von Swarovski oder Chanel in ihrem Laden an. Ich entscheide mich für eine zarte goldene Kette mit länglichen Steinen in Elfenbeinfarben »made by Sedat Elma«.
Gute Restaurants findet man entlang des Hafens. Wie zum Beispiel das Lokal von Mehmet im Marina Yacht Club. Chefkoch Hasan Hüsey bingt vorzügliche Gerichte auf den Teller. Wir probierten als Vorspeise Meze mit Humus, Auberginenaufstrich, Oliven und Yogurt; danach Meeresfrüchteplatte und als Dessert ein Orangen-Tiramisu. Nach dem Dinner hat mir Mehmet ein bauchiges Teeglas mit der dazugehörenden Porzellanschale freundlicherweise als Souvenir überlassen.
Kultur findet in Bodrum ebenfalls statt. Namentlich die Burg der Johanniter. Seit dem Mittelalter dominiert sie die Kulisse um die Bucht. In ihrem Innern beherbergt die Festung das bedeutendste Unterwasserarchäologie-Museum der Welt. Wer sich allerdings mehr für die Antike interessiert, fährt nach Ephesos, das etwa 100 Kilometer entfernt liegt. Die Fahrt dauert 3 Stunden mit Bus oder Taxi.
Tipp: Abseits von Bodrum tummeln sich die Reichen und die Schönen: Gumusluk und Yalikavak – das St. Tropez der Ägäis. Das meinen zumindest die Türken. By the way – meinen Ring habe ich noch immer nicht gefunden.
Weltwunder Ephesos
Glanzlicht einer Türkei-Reise ist Ephesos – eine der ältesten und bedeutendsten Städte Kleinasiens. Während seiner Blütezeit im 1. und 2. Jh. v. Chr. war es die zweitgrößte Stadt der Welt nach Rom. 250.000 Einwohner lebten damals in ihr. Die zu sehenden Überreste stammen zum Großteil aus dieser Zeit. Ephesos beherbergte mit dem Tempel der Artemis eines der Sieben Weltwunder. Artemis ist eine Tochter des Zeus und gehört zu den zwölf höchsten Gottheiten der griechischen Mythologie. Sie ist die Göttin der Jagd, des Waldes und die Hüterin der Frauen. Vom Tempel der Artemis ist leider nichts mehr übrig geblieben. Jedoch an den Überresten der Celsus Bibliothek kann man sich im Ansatz vorstellen wie reich und gewaltig dieses Ephesos gewesen sein muss.
Gut erhalten ist das »Große Theater«, in dem bis vor kurzem noch Konzerte stattfanden. Mit 18.000 bis 20.000 Sitzplätzen war es wohl die größte Spielstätte in der Antike. Elton John hatte 2017 einen Auftritt hier. Auch Dj´s bespielten das antike Theater. Mittlerweile hat man die Events aber eingestellt, weil die antiken Ruinen – durch den Schall der lauten Musik – Schaden nehmen.
Kommen Sie vormittags, denn es wird sehr heiß. Ich war anfangs Juni da. Möchte mir gar nicht vorstellen wie heiß es erst im Juli und August wird. Es brennt von allen Seiten. Durch die Steine und den Marmor verstärkt sich die unsägliche Hitze nochmals. Schatten findet der Besucher keinen. Nehmen Sie genügend Trinkwasser mit, setzen sie einen Hut auf; auch mit Sonnencreme sollten Sie nicht sparen, bevor Sie die Tour vom »Marienhaus« die Kuretenstraße hinunter bis zum »Großen Theater« antreten. Um 9:30 öffnet das Freilichtmuseum. Für eine Rundgang planen Sie etwa 2 Stunden ein.
Übrigens: Auch ein Anflehen der griechischen Siegesgöttin »Nike«, deren Statue vermutlich um 190 v. Chr. entstanden ist, half wenig bei der Suche nach dem goldenen Ring. Fotorucksack durchwühlt, grünen Trolly ausgeleert – der Ring ist weg.
Das Dorf mit den Steinhäusern
Bevor wir nach Kusadasi weiterreisen, machen wir einen Abstecher nach Sirince. Das kleine Dorf liegt in einem Olivental und hat seinen griechischen Charakter über die Jahre bewahrt. Früher war es bekannt für seinen Feigenanbau. Heute schmälern die vielen Souvenirläden die Idylle. Wer die Gassen den Hügel hinauf schlendert, entdeckt alte Steinhäuser aus dem 18./19. Jh., die noch immer bewohnt werden. Am Dorfanfang in der Şehit Yüksel Özülkü Caddesi Nr. 7 finden Sie das Restaurant Sirince Artemis. Nehmen Sie einen Tisch im Garten, von wo Sie auf auf die hügelige Landschaft mit ihren Olivenhainen blicken.
Auch Cafés und Boutique-Hotels findet der/die Reisende zu Genüge. Sirence soll wegen seiner Marienverehrung positive Energie ausstrahlen. 2012 pilgerten deswegen Massen in den 500 Einwohner-Ort, weil sie hofften vom Weltuntergang – nach dem Maya-Kalender – verschont zu bleiben. Positive Energie könnte ich nun ebenfalls gut gebrauchen. Wo verbleibt der goldene Ring?
Hipes Alacati
Wir besuchen Alacati. Bekannt ist der Ort für seine Windmühlen. Die Touristen schenken den Windmühlen allerdings nur wenig Beachtung. Lieber schlendern sie durch die engen Gassen, kaufen das eine oder andere Souvenir und sitzen gemütlich an den Tischen vor den schicken Pubs. Bei cooler Musik, türkischem Kaffee oder einem »Efes« (türkisches Bier) genießen die Gäste das Treiben. Übrigens: die Türken trinken gerne Cay (Tee). Der Rize-Tee, eine Variante des schwarzen Tees, der ohne Milch getrunken wird, soll bei der großen Hitze besonders bekömmlich sein. Probieren Sie auch Muscheln mit Reis gefüllt, die Sie bei einem der fahrenden Kioske bekommen – schmeckt erfrischend lecker. Es zahlt sich auf jeden Fall aus in das Landesinnere zu fahren. Überraschend schöne Dörfer und eine hinreißende Stimmung erwarten den/die Urlauber/in. Unterkunft findet der Gast in einem Boutique-Hotel. Zum Beispiel im Maison d’Azur Alacatı um 62 Euro die Nacht.
Weingut Urla
Da ich aus einem Weingebiet komme, war ich gespannt auf die Weinverkostung im Weingut Urla. Probieren durfte ich Weißweine, einen Rosé und zwei Rotweine. Wobei mir der Urla Tempus – eine rote Cuvée aus Merlot, Syrah und Cabernet Sauvignon am besten schmeckte. Die Weine werden allesamt in Eichenfässern gelagert. Das Weingut selbst könnte so auch im burgenländischen Seewinkel stehen. Umgeben von Palmen und Weingärten ist das Gut architektonisch eine Augenweide. Solarzellen erzeugen den nötigen Strom für die Kühlung im Weinkeller. Wer sich so ein Weingut hinstellt, braucht in der Türkei nicht nur genügend Euphorie, sondern auch das entsprechende Kapital. Rundum eine schöne Abwechslung zu Sand, Ruinen und Meer.
Badeort Kusadasi
Schon bei der Einfahrt in den Badeort fällt uns der riesige Schriftzug »Kusadasi« an der Felswand auf. Ich hatte mir Kusadasi zwar etwas romantischer vorgestellt – als kleines Fischerdorf, uriger – trotzdem hat der Ort seinen eigenen Charme. An der Promenade stehen abwechselnd Restaurants und Hotels. Wir nächtigten in erster Reihe – im Doubletree Hilton, das man erst vor vier Jahren hingestellt hat. Es wartet mit allem Komfort auf. Von allen Zimmern blickt der Gast auf die Ägäis. Und auch auf die bunten Häuser am Hang, die je nach Sonnenstand ihre Farbe ändern.
Ein überschaubarer Sandstrand bietet Erholung. Fragen Sie Einheimische nach Bademöglichkeiten, dann empfehlen Sie eher die Strände außerhalb des Ortes. Der Badeort ist auch Ausgangspunkt für einen Besuch von Ephesos; daher legen die großen Kreuzfahrtschiffe für Besichtigungstouren im Hafen an.
Schön sind die Gassen mit den vielen Souvenirläden. Schmuck, Ledertaschen, T-Shirts und Keramik werden gerne von Urlaubern gekauft. Vormittags trinken wir türkischen Kaffee (Türk kahvesi) an der Promenade. »Nur Touristen nehmen Milch zum Kaffee«, meckert Tischnachbar Halil, als ich etwas Milch bestellen möchte. Die richtige Frage lautet: mit viel oder wenig Zucker? Also, dann ohne Milch. Halil, seine Frau und seine zwei Kinder stammen aus einem Ort nahe der syrischen Grenze. 1500 Kilometer weit ist die Familie mit dem Auto gefahren, um in Kusadasi Urlaub zu machen. Bereits zum 25ten Male kommen sie hierher. »Wir fühlen uns hier sicher, haben alle einen PCR-Test gemacht. Nun freuen wir uns auf das Meer, das Essen und das Flanieren in der Stadt«, schwärmt Halil.
Izmir „gut“
Was hast Du denn in Izmir gemacht?, fragen mich meine Freunde. „Izmir Übel“, „Izmir egal“ macht der Scherz seine Runde. Aber Izmir wird meist von Urlaubern unterschätzt. In der Antike hieß die von den Griechen gegründete Stadt Smyrna. Nach dem Rückzug der griechischen Armee 1922 aus Kleinasien kam es im heutigen Izmir zur Katastrophe. Die Stadt brannte. Mit Schiffen evakuierten die Hilfskräfte einen Großteil der Einwohner. Der Brand bedeutete das Ende des Griechentums in Kleinasien. Heute ist Izmir eine blitzsaubere Stadt mit tollen Hotels, guten Restaurants am Hafen und einem alten Basar, der mir lieber ist als jener in Istanbul. Ich erkunde die Gassen. Links und rechts reihen sich Gewürzläden, Lampengeschäfte, Teppichshops, Ledergeschäfte. Unterbrochen nur von Kaffeehäusern. Der Obstverkäufer lächelt freundlich. Genauso wie der Shisha rauchende Cafetier.
[embedyt] https://www.youtube.com/watch?v=QUQsWgxgDhc[/embedyt]Der 25 Meter hohe Uhrturm aus dem Jahre 1901 ist das Wahrzeichen der Stadt. Hier verabreden sich die Touristen falls sie im Gewusel die Orientierung verlieren. Errichtet wurde der Glockenturm zum Gedenken an den 25. Jahrestag der Thronbesteigung Abdülhamids II. Er war vom 31. August 1876 bis zum 27. April 1909 Sultan des Osmanischen Reiches.
Es ist zehn nach fünf am Nachmittag. Vom Minarett tönt Gesang. Der Muezzin ruft zum Gebet. Das tut er auch morgens um fünf und mittags wenn die Sonne am Zenit steht. Es ist Zeit eine Pause einzulegen. In einem Kaffee spielt eine Combo türkische Musik. Den Touristen gefällts. Ein Schuhputzer poliert meine Schuhe.
Ich wandere durch die schmucke, aber zu kurze Dario Moreno Straße (Türkischer Sänger und Filmschauspieler) hinauf zum historischen Aufzug. Mit einem schönen Blick über die Stadt werde ich belohnt. Ebenfalls ein tolles Panorama hat man von der Hotel-Terrasse im achten Stock des Renaissance Hotels, wo wir für zwei Nächte bleiben.
Frühaufsteher sehen morgens um sechs eine Horde von Anglern an der Hafenmauer. Angeln gehört neben Fußball und Auto fahren zu den beliebtesten Hobbies der Türken. Nicht unerwähnt soll die katholische Kirche »zum heiligen Polycarp« bleiben. Sie ist die älteste Kirche von Izmir. Mit Erlaubnis des Sultans Suliman des Großen wurde die Kapelle 1620 errichtet. Wiederholt wurde die Kirche zerstört, aber immer wieder renoviert und neu ausgemalt. An den Fresken lässt sich erkennen, dass die Malereien an der Decke neueren Datums sind. Fazit: Izmir gut.
Den goldenen Ring fischten die Angler nicht aus dem Wasser! Ich habe alle meine Habseligkeiten durchstöbert. Erfolglos. Nun fliege ich nach Istanbul. Mit Turkish Airlines. Um 19:35. Aber das ist eine andere Geschichte…
PS: Der goldene Ring liegt wahrscheinlich am Meeresgrund – denke ich. Aber ich täusche mich. Er liegt im Kefaluka. Das Zimmermädchen hat ihn zwischen den Handtüchern gefunden. Als Olga, die Dame der Guest Relation des Hotels anrief, machte meine Frau einen Luftsprung. Nur mit dem Verschicken des Ringes ist es so eine Sache. Wegen Corona und der Sicherheit geht kein Paket nach Österreich. Deshalb lässt sich demnächst unser Reiseleiter Mesut Emer den Ring an seine Adresse in Istanbul schicken. Seine Schwester kommt aus Deutschland zu Besuch und nimmt den Ring dann mit.
Von Deutschland aus soll der goldene Ring mit der Inschrift 14. Februar zurückfinden. Meine Frau freut sich. Im August wird die Post zustellen. Hoffentlich. »Nike« schau runter.
Aber, wir überlegen, ob wir den Ring nicht selbst abholen. Nach Izmir fliegen. In Bodrum shoppen. Ephesos erkunden. In Alcati »Efes« trinken. In Kusadasi baden. Im Kefaluka entspannen; dann den goldenen Ring über den rechten Ringfinger streifen.
Wenn nicht jetzt, wann dann?
Werbung wegen erwähnter Hotels und Restaurants
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Restaurants
Bottarga Restaurant, Kusadasi, Atatürk Blv.
Marina Yacht Club, Bodrum
Dalyan Restoran CevatinYeri, Izmir
Urla Sarapcilik, Kuscular
Hotels
Kefaluka Resort Hotel – Akyarlar/Bodrum
Double Tree by Hilton – Kusadasi
Renaissance Izmir Hotel
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