Im Reich der Emire

,

Noch vor fünfzig Jahren zogen sie mit Kamelen durch die Wüste, dann fand man Öl, das der Westen dringend brauchte, heute jagen ihre SUVs und Luxuslimousinen über vier- und sechsspurige Autobahnen im Schatten himmelwärts strebender Wolkenkratzer. Ein Reisebericht aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE).

Die Emirate auf der arabischen Halbinsel mit Küsten am Persisch-Arabischen Golf bedecken eine Fläche von rund 77 700 qkm, nicht ganz so groß wie Österreich. Insgesamt leben hier 4,7 Millionen Menschen. In Dubai, neben Abu Dhabi das bedeutendste und wohlhabendste Emirat sind es 1,7 Millionen Menschen – knapp so viel wie in Wien – davon fallen 85 % auf „Fremdarbeiter“, Angestellte, Handwerker, Hilfsarbeiter aus Indien, Pakistan, den Philippinen und auch aus England, Frankreich, Deutschland und Österreich. Steuer ist hier ein Fremdwort, es gibt keine öffentlichen Abgaben. Der Lohn für die niedrigen Arbeiten wie Gehsteigkehren, Mülltransport, Gärtnern und ähnliches ist zwar sehr niedrig, so circa um die 300 Euro pro Monat – da diese Arbeiter aber zumeist über Gratisunterkünfte und Verpflegung verfügen, senden viele von ihnen ihr Salär fast zu 100 Prozent in die Heimatländer an die Familien, die lange Zeit davon leben können.

Die Araber selber, Angehörige der diversen Stämme, deren Sheikhs heute in Dubai oder Abu Dhabi an der Spitze der Verwaltung stehen, bräuchten überhaupt nicht zu arbeiten, der Staat garantiert ihnen ein für unsere Begriffe hohes Grundeinkommen und schenkt ihnen beispielsweise anlässlich der Eheschließung ein Einfamilienhaus. Ihre Stammestracht, die „Dishdasha“, ein strahlend weißes Gewand mit meist burnusähnlicher Kopfbedeckung, das aussieht als würde es mehrmals am Tag gewechselt werden, ist überall in der Stadt und am Land zu sehen.

Die Frauen sind mit der „Abaya“ bekleidet, einem stets schwarzen Umhang bzw. Mantel, wobei der Kopf immer bedeckt und manchmal auch voll verschleiert ist. Diese weibliche Bekleidung ist oft aufwändig geschmückt, Kleider und Mäntel sind mit goldenen Borten verziert und im Vergleich zu den oftmals in unmöglicher Kleidung auftretenden Touristen von unvergleichlicher Eleganz.

In Geschichtsbildern über Arabien wird immer wieder vom Silberschmuck der Beduinen und ihrer Frauen berichtet, silbernen Dolche und Waffen der Männer und silbernem Brustschmuck der Frauen. In den letzten zwanzig bis dreißig Jahren hat sich dieses Bild stark geändert, durch die Wohlhabenheit ist an Stelle von Silber Gold getreten. In Dubai beispielsweise gibt es Gold – Souks, in denen nur Schmuckgeschäfte vertreten sind. Hier können die Touristen über die ausgestellten Pretiosen staunen, gekauft werden die Goldarmbänder und Ketten von den Bewohnern der Emirate.

Die Geschichte der Emirate – insgesamt sind es sieben ehemalige Wüstengebiete Abu Dhabi, Dubai, Sharjah, Umm al-Quwain, Ras al Chaimah, Ajman und Fujairah, wobei die bekanntesten Dubai und Abu Dhabi sind – geht weit in die Zeit Alexander des Großen zurück ohne dass sich in den Jahrhunderten bis spät hinein in die Neuzeit Änderungen in den Lebensumständen ergeben hätten. Im 16. Jahrhundert erreichten die Portugiesen die arabische Halbinsel und die Region am Persischen Golf und gründeten Handelsniederlassungen für ihren Seeweg nach Indien. Im 19. Jahrhundert wurde das Gebiet ein britisches Protektorat und Dubai entwickelte sich zur „Stadt der Kaufleute“ – als Mittelpunkt des Gold- und Perlenhandels.

1968 kündigten die Briten ihren Rückzug aus den Emiraten an und unter Scheich Raschid bin Saeed Al-Maktoum wurde die VAE gegründet. Heute ist Präsident der VAE und Herrscher Abu Dhabis Sheikh Khalifa bin Zayed Al-Nahian, dessen Konterfei auf vielen öffentlichen Gebäuden in Dubai und Abu Dhabi zu sehen ist. In seiner Heimat, zum Unterschied zu Dubai, das auf Fremde wie eine hypertrophe amerikanische Großstadt, die man in die Wüste gesetzt hat, wirkt, ist Altes und Neues noch neben einander vertreten. Freilich gibt es in Dubai auch noch alte Bauten, insbesondere ein Fort aus dem 18. Jahrhundert in der „Stadtmitte“, das heute das Nationalmuseum beherbergt.

In Al-Ain, einer Stadt nahe der omanischen Grenze, einer Oase die 160 Kilometer von der Hauptstadt entfernt ist, an den Ausläufern der Sandwüste Rub al-Khali, wird man noch sehr an die Zeit der Kamelkarawanen erinnert: Ein Fort aus dem 18. Jahrhundert in der typisch arabischen Lehmziegelbauweise – Al-Sharqi – bietet dem Besucher eine Zeitreise in die Jahre, als der legendäre Beduinenforscher Wilfred Thesiger (1910 – 2003), dem ein Teil des Museums gewidmet ist, auf mühevollste Weise die arabische Welt bereist hatte.

Burj Khalif

Zurück im 21. Jahrhundert besuchen wir das höchste Bauwerk der Welt, das nach dem Präsidenten, dem Sheikh von Abu Dhabi, Burj Khalifa (Turm des Khalifa) benannt ist. 828 Meter ragt der nadelförmige Turm über Dubai und gestattet dem Publikum weit über das Emirat zu blicken: Richtung Abu Dhabi und Richtung „Creek“, einem Meeresarm, der elf Kilometer weit in die Stadt Dubai hineinreicht und an dessen Ufern noch Schiffe des alten Arabiens, die sogenannten „Dhau“ – wie zu Zeiten Sindbad des Seefahrers – ankern.

Vor der Küste Dubais hat man mehrere künstliche Inseln aufgeschüttet, darunter die „Palme“ mit zwei der spektakulärsten Hotels der Welt, dem „Atlantis“ und dem „Burj Al Arab“ (Turm Arabiens). Die weiteren „Aufschüttungsprojekte“, wie die „Welt“, – eine Darstellung aller Erdteile in Inselform, sind noch nicht vollendet und es ist fraglich ob sie je besiedelt werden.

Schreibe einen Kommentar