Zypern – Paradies am Stacheldraht

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Das Ferienparadies im östlichen Mittelmeer ist seit 2004 bei der EU, hat seit 2010 den Euro und ist dennoch anders als die übrigen Staaten der Union: ein großer Teil der Insel ist von den Türken besetzt und durch die Hauptstadt Nikosia führt eine Demarkationslinie.

Alle griechischen Zyprioten, die wir sprachen, waren der einhelligen Auffassung, dass es an der Zeit wäre die Lage vor 1974, als die Türken in einer Invasion den nördlichen Teil der Insel okkupierten, durch die EU wiederherstellen zulassen. Man will endlich wieder in Frieden leben und nicht zusehen müssen, wie im Norden in der „Türkischen Republik Nordzypern“ (die von keinem Staat der Welt außer der Türkei anerkannt wird) immer mehr Menschen aus Anatolien angesiedelt werden – zuletzt waren es 200.000. Die Türken, deren Familien seit Jahrhunderten zusammen mit den griechischen Zyprioten den Norden bewohnten, verlassen immer häufiger die Geisterstädte der „Türkischen Republik“ und wandern ins Ausland ab. Die Invasion türkischer Truppen im Juli und August 1974 hatte das Leben, die Infrastruktur und den Tourismus auf der Insel völlig verändert. Fast ein Drittel der Bevölkerung Zyperns musste damals ihr Heim verlassen und sich im jeweils anderen Inselteil ein neues Leben aufbauen. Noch heute sprechen die Griechen im Süden von mehr als 700 Personen, die seit damals vermisst sind.

Mit 9251 qm Fläche ist Zypern die drittgrößte Insel im Mittelmeer nach Sizilien und Sardinien. Im Altertum war Zypern dicht bewaldet, aber Rodungen für Ackergewinnung und wirtschaftliche Holzverwertung, zur Befeuerung der Kupferschmelzöfen (Zypern galt im Altertum als die Kupferinsel) haben die Waldflächen gewaltig dezimiert. Im 21. Jahrhundert versucht man durch Anpflanzung von 50 000 Bäumen pro Jahr den alten Zustand weitgehend herzustellen. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man sich im schattigen Troodosgebirge, wo der legendäre Erzbischof Makarios seine letzte Ruhestätte gefunden hat, mit seinen bizarren Klüften und den Monokulturen aus Eukalyptusbäumen, Aleppokiefern und zypriotischen Steineichen bewegt. Hier findet man auch die schönsten und malerischsten byzantinischen und modernen Klosterbauten.

Fast alle griechischen Zyprioten gehören dem griechisch-orthodoxen Bekenntnis an. Die orthodoxe Kirche auf Zypern ist von der Griechenlands völlig unabhängig und als Nationalkirche sogar älter als die im griechischen Stammland: Eine Vision des Bischofs Anthemios im Jahr 477 begründete die Unabhängigkeit der Kirche Zyperns.

Felsen der Romiou

Zypern gilt auch als Insel der Aphrodite. Das verkünden nicht nur die Prospekte für Ferienziele, sondern es war bereits im 8. Jahrhundert vor Christus die offizielle Bezeichnung. Im sechsten homerischen Hymnus finden sich entsprechende Verse hiezu. Die lokale Legende weiß, wo Aphrodite zum ersten Mal zypriotischen Boden betreten hat, in einer Bucht an der Südküste Zyperns, zwischen Limassol und Paphos. Hier bei den Felsen der „Romiou“ soll die Göttin dem Meeresschaum entstiegen sein. Die steinernen, künstlerischen Zeugnisse findet man im archäologischen Museum von Nikosia (britische Bezeichnung, die Zyprioten nennen ihre Hauptstadt Lefkosia).

Apropos Briten: Stützpunkte sind auch heute noch zweiundfünfzig Jahre nach der Unabhängigkeit Zyperns im Süden der Insel lokalisiert. Wenn man im Osten als Tourist in den türkischen Nordteil reisen will, muss man jedenfalls durch den englischen Stützpunkt durchfahren. Die Reise in den Nordteil ist an insgesamt vier Stellen der Insel möglich, davon liegt einer an der Demarkationslinie, die durch die Hauptstadt Nikosia führt. Dazwischen gibt es sogenannte „Viewing Points“, an denen Touristen, die nicht mit einem Tagesvisum ausgestattet hinter die Demarkationslinie reisen wollen, mit Fernrohren in den türkischen Teil der Insel blicken können, beispielsweise nach Famagusta, früher ein blühendes Seebad mit den teuersten Hotels und den schönsten Stränden der Insel – heute ist die Badezone eine Geisterstadt mit verfallenen Hotels.

Famagusta

In der Altstadt von Famagusta finden sich zahlreiche Kirchen, auch aus der gotischen Vergangenheit der Insel, allesamt verfremdet umgebaut zu Moscheen, zu Diskotheken, Gaststätten oder belassen als Ruinen.
Im türkischen Norden der Insel finden sich auch zahlreiche Denkmäler aus dem antiken Griechenland, wie beispielsweise die prächtig erhaltene Ruinenstadt Salamis und auch das älteste christliche Zeugnis, nämlich das Grab des Apostels Barnabas, mit einem handgeschriebenen Matthäusevangelium auf der Brust begraben, das sich ebenfalls nahe des antiken Salamis befindet.

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